98. Woche

Sonntag 29. September 2013
Die letzten zwei Wochen hatte Carlo doch Glück – trotz Regensaison regnete es verhältnismässig wenig. Gestern, nur einen Tag nach seiner Abreise, sah es dann wieder ganz anders aus – 39mm/h zeigte die Anzeige der Wetterstation und auch heute war es nicht viel schöner.
Carlo genoss die Ferien hier, doch wie es schon fast in der Natur des Begriffes liegt, waren auch die drei Wochen irgendwie zu kurz – auch für uns. Kaum war er angekommen, haben wir ihn vorgestern abend bereits wieder zum Flughafen gebracht.
Hier noch ein paar Bilder dazu:

Carlo beim Abschiedstrunk in SiBoya

Internet-Café auf unserem Balkon, Lupsi ergänzte unsere Runde

Unser „Gast“, die Katze namens Meauw, konnte trotzdem gut schlafen
Ein weiteres, für uns etwas erschreckendes Erlebnis, hatten wir am Dienstag, als wir von der Schule zurückkamen. Zum ersten Mal hatten es Affen gewagt, während unserer Abwesenheitszeit in unser Haus einzudringen. Bis jetzt stand da immer ein natürlicher Respekt-Abstand, bei dem wir glaubten, dass die Affen diesen einhalten, doch dieser scheint passé – nun müssen wir wohl leider auch unsere relativ neuen Türen und Fenster verriegeln, wenn wir nach Krabi gehen, was doch ein Aufwand ist.
Nun – da werden wir wohl in Zukunft die Türen nicht mehr speerangelweit offen lassen können… Damit wechseln wir aber auch nun zum Hauptthema dieser Woche – dem Verkehrssystem in Thailand. Hier in diesem Teil fokussieren wir uns auf den Strassenverkehr. Das Beschriebene gilt natürlich vor allem für die Region hier und ähnliche Regionen, in Bangkok treffen wohl einige Teile nicht zu.

Kreuzung in Thalat Gao, Nähe Krabi

Die gleiche Kreuzung aus anderem Blickwinkel, hier passieren wir jeden Dienstag

Strassenbild in Neua Klong, unserer nächstgelegenen kleinen Stadt
Sicherlich das erste was auffällt ist, dass hier wie in good old England links gefahren wird. Daran gewöhnt man sich – ich fahre das Motorbike links in Thailand und Monika das Auto rechts in der Schweiz – dem sagt man Arbeitsteilung.
Doch daneben gibt es viele andere Regeln, die wir erst lernen mussten. Eine ist zum Beispiel der Links- oder Rechtsvortritt. 18 Monate hatten wir verschiedene Leute (darunter Polizisten und Personen, die gerade die Fahrprüfung absolviert hatten) danach gefragt, mit dem Resultat, dass wir ca. 50/50% Antworten hatten. Nun haben wir endlich die Strassenverkehrsordnung Thailands in der englischen Übersetzung gefunden und wissen im Unterschied zu den wohl meisten Thai’s, das hier Linksvortritt herrscht. Das interessiert aber niemanden – gefahren wir nach Gefühl und Intuition und das ist oft der bessere Ratgeber als Gesetzesparagraphen.
Die zweite Regel lautet: Der Grössere hat Vortritt – egal welche Regel, ein heranbrausender Truck oder Bus ist immer stärker und der schnelle Bus aus beispielsweise Hat Yai geht auch nicht umsonst so oft wie möglich auf die Überholspur.

Nicht immer ist es so ruhig wie auf dieser Strasse, der Verbindung zwischen Khlong Kahnan und Neua Klong, die eigentlich immer autofrei ist und die wir jede Woche zweimal nutzen

Hier zum Beispiel in einem 1 ½ stündigen Stop-and-Go Verkehr in der Nähe von Surat Thani letzte Woche

Danach war dann die Autobahn aber wieder leer

Wie auch dieses Stück zwischen Neua Klong und Krabi oft leer wirkt
Doch die Überholspur ist relativ. In der Regel ist diese rechts. Doch bei grossem Tempo eines Trucks kann das der Pannenstreifen sein. Es gibt kein Verbot des Links-Überholens und das macht das Ganze manchmal etwas chaotisch. Da hatten wir auch schon ehrlicherweise Glück.
Doch nicht die schnellen Trucks und Busse sind das Problem im Verkehr hier, denn die sind klar einschätzbar. Viel schlimmer sind die öffentlichen Songthaews, eine Art Mini-Postauto, das überall sofort hält, sobald man an die Decke klopft. Ein solches links zu überholen ist wenig ratsam, da gleich der Stopp kommen könnte.
Und sich dahinter einzureihen, ist ebenfalls keine Lösung. Denn diese fahren grundsätzlich kaum schneller als 30-40km/h, oft sogar noch weniger, wie uns eine Fahrt letzte Woche bewies, wo wir für 17 km ganze 55 Minuten hatten.

Eines der Songthaews in Krabi von hinten fotografiert

2 Songthaews in Chiang Mai (dort orts-typischerweise in rot) von vorne
Sie alle hoffen, durch die langsame Fahrweise mehr Fahrgäste aufpicken zu können. Doch wir haben eigentlich eher die Ansicht, dass wenn sie schneller fahren würden, auch mehr Fahrgäste dieses Verkehrsmittel nutzen würden, weil sie schneller am Ziel wären und sich so kein anderes Verkehrsmittel kaufen müssten.
Doch das Farang-Denken schlägt halt auch hier durch. Wenn ein solches Gefährt um 14 Uhr in Krabi abfährt, dann ist geplant, dass dieses im eben 17 km entfernten Neua Klong um 15 Uhr wieder weiter abfährt. Nun – ist diese Strecke in 20 Minuten erledigt, könnte der Fahrer ja theoretisch sich für etwas mehr als die halbe Stunde auf die Schlafpritsche legen. Doch daran hat die Familie keine Freude, denn damit hat er vielleicht Passagiere verpasst.

Eine der seltenen Phänomene auf den Strasse hier: Nebel
Ebenfalls langsam unterwegs sind die Tuk-Tuks bzw. hier bei uns die Motorräder mit gedecktem Seitenwagen und Platz für ca. 3 (Ausländerversion) oder ca. 7-8 (Thaiversion) Personen. Diese gibt es in unzähligen Varianten. Die einen dienen als Taxi’s oder Familiengefährt, andere werden für die Transporte bis unter die Decke gefüllt und die Ladung überlappt vorne und hinten.
Andere wiederum werden als Verkaufsgefährt, für Eiscreme, gebratene Poulet-Spiesse oder andere Lebensmittel verwendet. Wiederum andere beherbergen einen komplettes Strassenrestaurant mit Küche, Geschirr und allen Tischen und Stühlen für bis gegen 50 Plätze.
Bei den normalen Motorrädern sind meist Honda oder Yamaha’s in Grössenordnung von 100 – 125 cc unterwegs. Darauf haben hier ganze Familien mit 5 Personen Platz… Selten sieht man mal ein grösseres Motorrad und wenn, dann gehört meist einem Ausländern.

Tuk-Tuk‘s wie dieses, gibt es in unserer Region praktisch keine, diese Aufnahme stammt aus Chiang Mai

Fahrräder gibt es noch seltener

Dafür gibt es sehr viele dieser Motorräder mit Seitenwagen, hier für den Transport bestimmt und relativ leer
Ein unangenehmes Phänomen ist das Abzweigen aus einer Strasse. Wir blinken und spuren dann schön brav (bei uns nach rechts) ein. Die Thai’s blinken auch (wenigstens meistens), bremsen dann auf der Hauptspur ab und machen dann einen 90Grad Bogen beim Abzweigen ohne vorher einzuspuren. Wohl gesagt, dabei kommen manchmal Wagen mit 80km/h gleich dahinter und wir als Motorrad sind dann dazwischen.
Damit haben wir rasende Trucks, rasende Busse und Mini-Busse, schleichende Songthaews und Seitenwagen-Motorräder und nicht abbieg-geübte Thai-Autofahrer auf einer manchmal engen Strasse. 100km/h gegen 20km/h – man braucht manchmal die Nerven, die Ruhe und zunehmend die Erfahrung.

An der grossen Strassenkreuzung in Neua Klong, die wir ebenfalls jede Woche zweimal passieren – hier geht der ganze Verkehr von Phuket, Khao Lak und Krabi Richtung Süden und der Abzweiger zu den südlich von Krabi gelegenen Inseln befindet sich hier
Das Thema hat sich damit aber noch nicht erschöpft. Von den Schnellstrassen führen bei uns in Europa meist Spuren rechts ab, um die Ausfahrt zu nehmen oder die Richtung (dann meist über eine Brücke) zu wechseln. Hier in Thailand ist der sogenannte U-Turn das bevorzugte Mittel. Das heisst man reiht sich schon einen Kilometer vor dem beabsichtigten Richtungswechsel in die rechte Spur, die eigentlich die Überholspur ist. Dann trifft man auf den nächsten U-Turn, der je nach Verkehrsfrequenz durchaus auch mal einen Rückstau von 10 bis gar 20 Auto‘s ergeben kann und damit die komplette Überholspur von 100 km/h auf 20 km/h runterbremst.

Hier ein Abzweiger mit U-Turn Möglichkeit, bei dem derzeit aber nur gerade 1 Auto wartet – es können manchmal auch 20 sein, die nicht alle auf der Abbiege-Spur Platz haben und so den folgenden Verkehr komplett ausbremsen.
Bis jetzt funktioniert das Konzept hier in Krabi noch einigermassen, doch sollte sich der Verkehr in den nächsten 5 Jahren erwartungsgemäss verdoppeln, wird der Verkehr hier schlichtweg stillstehen – doch dies scheint bis jetzt hier niemand vorauszusehen. Zudem fehlen auch die Mittel dazu hier im Süden – siehe dazu den Wirtschaftsartikel im Blog vor 2 Wochen…
Auf jeden Fall braucht eine Fahrt hier in Thailand bedeutend mehr Konzentration als In Europa. Doch trotz allem Motzen – hier in Thailand läuft der Verkehr im Vergleich zu Bali absolut geregelt, langsam und geordnet – es tönt vielleicht nach den letzten Zeilen etwas komisch, doch in Bali wären wir nie auch nur ansatzwiese auf ein Motorbike gesessen… Wir waren nach unserer Rückkehr im Oktober vor einem Jahr echt froh, uns wieder im mehr oder weniger sicheren Thai-Verkehr zu bewegen.
Dies hat vor allem auch damit zu tun, dass hier alle Strassen mehr oder weniger neu sind. Sehr selten sieht man mal ein Schlagloch, selbst bei Nebenstrassen. Dies gilt natürlich nur für die Strassen auf dem Festland, denn bei uns auf dieser Insel sind nur gerade 4 km geteerte Strasse. Doch schon in naher Zukunft sollen weitere rund 6 km geteert werden.

Noch sieht es so aus auf SiBoya’s Strassen
Sicher ist ein weitere Grund für die gefühlte Sicherheit ist auch die Signalisierung, denn die ist hier eigentlich sehr professionell gemacht und die Wegweiser sind selbst in den entlegensten Dörfern auch in Englisch angeschrieben. Zudem wird ein sehr ähnlicher Zeichensatz verwendet wie bei uns in Europa, man kennt die meisten Signale also bereits.

Wegweiser beim Flughafen Krabi

Wegweiser in Neua Klong

Signalisierung bei der Einfahrt von der oben beschriebenen ruhigen Strasse in die Hauptstrasse
Das Verständnis dieser Zeichen wird in einer Theorieprüfung auch getestet, allerdings ist der praktische Fahr-Test eine Farce. Eine Runde mit ein paar Hindernissen ums Prüfungsgebäude reicht und wenn man durchfällt, stellt man sich wieder in die Reihe und macht kurz darauf einen weiteren Anlauf, so lange bis man den Führerausweis hat.
Ansonsten ist die Polizei hier aber sehr präsent. So gibt es in Krabi regelmässige Kontrollen und so bestechlich wie in Bali sind die Polizisten hier nicht (dort reichte eine im Führerausweis „zufällig“ aufbewahrte Note). Doch wir als Ausländer werden meist freundlich durchgewunken und sind erst einmal mit einem ganz alten Motorrad von Chung geprüft worden.
Auch die Gurten werden kontrolliert, da besteht wie bei uns eine Pflicht, desgleichen gilt zumindest theoretisch eine Helmpflicht. Ebenso theoretisch ist es verboten, am Steuer zu telefonieren, doch da scheinen sich nur wenige drum zu kümmern. Alkohol am Steuer ist in Thailand leider noch immer nicht unüblich, doch werden neu harte Saiten ausgezogen.
So gilt dies als eine Straftat und wird bei Unfällen mit verletzten Personen hart geahndet werden. Ein schuldiger Fahrer muss bei einem Unfall mit Verletzten mit einer Haft bis zu fünf Jahren und einer Busse von 100.000 Baht, für viele mehr als ein Jahresgehalt, rechnen. Bei Unfällen mit Schwerverletzten geht die Gefängnisstrafe bis sechs Jahre und die Busse bis 120.000 Baht und bei Unfällen mit Todesfolge drohen bis zu zehn Jahre und eine Geldstrafe bis 200.000 Baht. Neu darf sogar nicht mal mehr der Beifahrer vorne über 0.5% Promille haben und wird sonst gebüsst.

Das Verkehrspolizei-Häuschen kurz vor Krabi
Das Tanken ist hier kein Problem ob 91, 95, Super, Diesel oder Gas – es hat für alles Tankstellen in erreichbaren Distanzen. Natürlich haben aber im Thai-Style noch nicht die Automaten das Tanken übernommen, dafür gibt es immer eine umfassende Betreuung – auch beim Tanken eines Motorrades.

Tankstelle in der Nähe

Ob das grüne Versprechen gilt?

Oder dieses Versprechen?

Ausser Betrieb…
Ein spannendes Thema in diesem Bezug ist die Zunahme des Verkehrs. Als wir vor 2 Jahren ankamen, waren rund 50% der Fahrzeuge Motorräder und bei den Auto’s waren 80% der Privatwagen Pick-ups, also Geländewagen mit einer Ladefläche hinten. Dies aus dem Grund, weil diese steuerlich bevorteilt waren, da sie von den Landwirten benutzt wurden.
Dann kam aber eine Prämie von 100‘000 Baht für jede Person, die das erste Mal ein Auto kauft. Diese ist zwar in der Zwischenzeit ausgelaufen, doch das Strassenbild hat sich massiv verändert. Jetzt sind es vielleicht noch knapp 20% Motorräder und von den Privatwagen sind rund 60% keine Pick-ups mehr – diese Veränderungen in nur mal gerade 2 Jahren.
Unser Auto, dass wir in der Schweiz hatten, wär wohl hier schon ein Oldtimer, denn fast alle Auto’s sind neu und selten sieht man mal ein Auto mit Rost oder Beulen. Insgesamt sieht es in diesem Bezug hier moderner aus als in der Schweiz.

Werbefahrzeuge sehen wir oft in Krabi, oft sind die ziemlich lautstark unterwegs
Wie sich nun die sinkenden Kautschuk-Preise und die steigenden Lebenskosten auswirken, steht noch in den Sternen. Doch wie im Wirtschaftsartikel beschrieben, stehen viele Auto’s zum Verkauf, da sich die Thais die Leasing-Rate und auch das Benzin nicht mehr leisten können. Vielleicht nimmt dadurch ja langsam der Verkehr wieder ab.
Zum Schluss noch ein paar Worte zum öffentlichen Transport-System auf den Strassen: Bei den Überland-Bussen gibt es drei Sorten: Einerseits den grossen VIP-Bus, der von Zentrum zu Zentrum fährt und wie oben beschreiben, manchmal wirklich rast. Dieser ist komfortabel eingerichtet, hat ein WC an Bord, Air Condition und einen Fernseher. Die meisten davon sind keine zwei, drei Jahre alt.

Ein VIP-Bus von aussen…

… und von innen
Der normale Bus ist meist etwas älter, aber nicht unkomfortabel. Dieser hält, wo immer jemand an der Strasse steht oder wenn jemand im Bus die Stop-Taste drückt. Meist sind diese Busse aber ziemlich voll und da die VIP-Busse nicht viel teurer sind (ca. 20%), nehmen wir grundsätzlich bei Reisen den VIP-Bus.
Die dritte Variante ist der Mini-Bus, der ebenfalls von Zentrum zu Zentrum fährt, meist am Rasen ist und dadurch die schnellste Verbindung darstellt. Auch dieser hat Air-Condition und ist bequem, aber doch meist einiges teurer und eben auch riskanter.
Alle diese Busse fahren erstaunlich regelmässig, meist alle 60-90 Minuten vom Bus-Bahnhof, der meist etwas ausserhalb liegt, in alle Richtungen und sind fast so pünktlich wie die Schweizer Bahnen.

Der Bus-Bahnhof in Krabi…

…hier etwas belebter

Hier ein typischer Mini-Bus, dieser ist aber der private von Hut. Auf dem Bild auch Chung bei unserem Ausflug im Mai
Von den Zentren weg führen dann die Songthaews, die ebenfalls überall dort halten, wo jemand wartet und die auf ein Klopfzeichen an die Decke an jedem Ort halten. Sie sind meist ziemlich gut besetzt und bieten zwischen ca. 15 Personen Platz, manchmal stehen hinten auf dem Trittbrett noch weitere 3-4 Personen. Das Dach wird hier allerdings nur für Gepäck genutzt und nicht wie beispielsweise in Indien auch für Personen – das gilt auch bei allen Bussen. Die Songthaews fahren theoretisch nach einem Fahrplan, doch gibt es da manchmal auch andere Abfahrtzeiten als angekündigt.
Und dann gibt es noch die Taxi-Fahrzeuge: Einerseits das Motorrad-Taxi, das man fast überall findet und bei dem man zu zweit hinten aufsitzen kann. Dann eben die Motorräder mit Seitenwagen, für den Fall, dass man Gepäck hat oder es viele Personen sind. Normale Auto-Taxi‘s hingegen sind bei uns in der Region eher selten, da muss man schon Glück haben eines zu sehen oder eines bestellen.
Nun zum Schluss noch ein Bild bei unserer Fahrt zum Flughafen am Pier im Norden unserer Insel:

Wir wünschen Euch in Europa noch schöne Herbsttage und melden uns nächstes Wochenende wieder.