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Von Thailand und anderen Abenteuern

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Lebensqualität und Arbeit

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Der tägliche Spagat

Die Frage nach dem Wesen von Lebensqualität wird von verschiedenen Menschen mit ganz unterschiedlichen Hinweisen beantwortet. Meist wird Lebensqualität mit glückendem Privatleben in Verbindung gebracht. «Aber der Job muss dann auch stimmen» hat kürzlich jemand ergänzt.

von Peter Gisler, gisler-coach.ch

Lebensqualität als subjektive Grösse

Lebensqualität hat mit Wohlbefinden zu tun und ist eine subjektive Grösse. Erlebte Qualität kann vom objektiv Wahrnehmbaren abweichen, darum wird jeder Mensch, in seiner persönlichen Situation Lebensqualität nach eigenen Massstäben mit einer eigenen «Brille» einstufen. Soviel vorneweg.

In der Arbeitswelt kann Arbeitszufriedenheit als ein Aspekt von Lebensqualität genannt werden. Auch sie entzieht sich dem Formelhaften und wird individuell erlebt. Zum Beispiel werden Gefordertsein, Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten, Einbettung in ein wertschätzendes soziales Gefüge oft höher gewichtet als das reine Salär. Von grosser Bedeutung sind neben der Arbeit unter anderem Erholungs- und Entfaltungsräume für ein erfülltes soziales Leben. Viele Menschen weisen auf das gegenseitig Befruchtende der je gelingenden privaten und beruflichen Zeit hin, was gegen die strikte Trennung der Bereiche zu sprechen scheint. Aber auch dabei geht es letztlich um individuelles Empfinden und um die je spezifische Lebens- und Arbeitssituation.

Arbeitsmarktfähigkeit

Arbeitszufriedenheit ist wohl auch dem Arbeitgeber willkommen, sein Fokus richtet sich aber eher auf Arbeitsmarktfähigkeit (Employability). Nicht zuletzt im Zusammenhang mit älter werdenden Arbeitnehmenden, dies im Wissen um demografische Entwicklungen. In der Forderung «Arbeitsmarktfähigkeit» ist auch der Appell an die Eigenverantwortung enthalten.

Arbeitsmarktfähigkeit wird allgemein definiert durch die Kompetenz von Arbeitnehmenden, in eigenverantwortlicher Haltung erfolgreich Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden, im Markt zu bestehen, die Kompetenzen den Marktbedürfnissen entsprechend à jour zu halten, am Arbeitsplatz gute Leistungen zu erbringen und sich weiter zu entwickeln.

Demografische Entwicklung

Die Arbeitswelt ist mit demografischem Wandel konfrontiert: Weil die geburtenreichen Jahrgänge der Babyboomer zahlreich in Pension gehen werden, rechnen Arbeitgeber mit einem Mangel an Nachwuchs. Die «50Plus», erst noch eifrig in die Frühpension geschickt, gewinnen so wieder an Stellenwert und sind darum aufgefordert, ihre Arbeitsmarktfähigkeit zu pflegen. Es gibt Unternehmen, die sie dabei unterstützen.

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Arbeitsbedingungen heute

Die globalisierte Wissensgesellschaft hat mit ihrem schnellen Wandel auf unterschiedlichen

Ebenen völlig andere Arbeitsbedingungen und konstant höhere Belastungen geschaffen. Das zeigt sich bei meist gut qualifizierten, hoch einsatzbereiten Arbeitnehmenden durch Erschöpfung, Depression, Burn-out und innere Kündigung – heute häufige Phänomene. In diesem Umfeld werden Forderungen nach Arbeitsmarktfähigkeit und Education Permanente als zusätzliche Belastungen erlebt.

Lebenslanges Lernen (Education Permanente)

Das Leben in allen Bereichen von Familie, sozialer Gemeinschaft und Arbeitswelt zu bewältigen, ist anspruchsvoll. Einerseits locken Freiheiten, ein riesiges Konsumangebot und offene Türen zur Welt. Andererseits ist Selbstverantwortung Pflicht ebenso wie die Respektierung einer grossen Zahl institutioneller und informeller Regeln. Der Umgang mit beidem will gelernt sein.

Täglich sind Menschen mit Neuerungen konfrontiert. Technologien, Arbeitsinstrumente verändern sich, auch die Alltagstechnik – vom Handy bis zum Billetautomaten. Die Grenzen zwischen Arbeit und Alltag verwischen sich. Die meisten Haushalte verfügen heute über Computer und sind an’s World Wide Web angeschlossen. Dass Herausforderungen gerade für ältere Menschen entstehen, die langsamer werdend, einer sich stets beschleunigenden Entwicklung gegenüber stehen, ist augenfällig.

Eigenverantwortung und fördernde Rahmenbedingungen

Der Appell des lebenslangen Lernens ist durchaus sinnvoll. Jeder Mensch hat aber für sich zu entscheiden, was er sich aneignen, wobei er mithalten und was er investieren will. Es geht nicht ausschliesslich um grosse Schritte, wie es zum Beispiel ein Nachdiplomstudium darstellt, es geht oft um kleine Schritte. Schritte aus der warmen Stube hinaus in den frischen Wind. Es geht um Horizonterweiterung, um das Kennenlernen von Fremdem und Fremden. Und darum, sich Neuem zu stellen, zu experimentieren und das konstruktive Scheitern zu wagen. Dies lustvoll und neugierig zu tun, kann ebenfalls eine Erfahrung von Lebensqualität darstellen.

Dass Menschen dabei Eigenverantwortung zu übernehmen haben, leuchtet ein. Weil die Möglichkeiten einzelner aber ungleich verteilt sind, ist im Arbeitsmarkt ein Miteinander von Sozialpartner und Staat sinnvoll.

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Wünschbare Lastenverteilung im Arbeitsmarkt

Aufgaben für das Unternehmen

•       Sensibilisierung der Führungspersonen zu einer positiven Einstellung gegenüber allen Generationen als Basis altersgerechter Beschäftigung

•       Förderung intergenerativer Zusammenarbeit

•       Impulssetzung für periodische Standortbestimmung und Weiterbildung

•       Betreiben eines Gesundheitsmanagements, im Visier u.a. eine gesundheitsverträgliche Belastung der Mitarbeitenden, die Raum für andere Lebensbereiche lässt

•       Einsatz reifer Mitarbeitender als Mentorinnen und Mentoren

Aufgaben für den Staat – unabhängig vom Staatsverständnis

•       Schaffung guter Bedingungen für Bildung jeder Art

•       Ein Gesundheitssystem, das Älterwerdenden gerecht wird und Prävention unterstützt

•       Ein flexibles Rentensystem

Aufgaben für das Individuum

•       Eine kreative, aktive Lebens- und Laufbahngestaltung, unterstützt durch regelmässige Standortbestimmungen (z.B. alle 5 Jahre) in Eigenregie oder mit Unterstützung von Fachleuten (Laufbahnberatung)

•       permanente Weiterentwicklung fachlicher, persönlicher und sozialer Kompetenzen – im regen Kontakt mir der «Welt»

Lebenstüchtigkeit

Fasst man Schlagworte wie «Employability» und «Education Permanente» weiter, so dass sich nebst dem Arbeits- auch der private Mensch angesprochen fühlen darf, so kommt man auf das schlichte Wort Lebenstüchtigkeit. Diese basiert auf persönlichen, sozialen, kulturellen und fachlichen Kompetenzen und auf Erfahrungen in allen Lebensbereichen. Man kann wohl davon ausgehen, dass Lebenstüchtigkeit Arbeitsmarktfähigkeit ermöglicht.

Achtsamkeit

Auch mit der Unterstützung von Arbeitgeber und Staat, wird die einzelne Person immer die Hauptrolle spielen. Sie ist für ihr Leben verantwortlich. Um «gute» Lebensqualität zu empfinden, muss sie erproben und fühlen, was ihr Freude bereitet. Ohne Selbstkenntnis geht das nicht. Eigene Kompetenzen zu kennen, sie auch weiter zu entwickeln, ist eine Voraussetzung um den Gestaltungsrahmen wahrzunehmen, den die «Welt» bietet, ihn auszuloten und zu erweitern. Der Mensch ist sich quasi schuldig, eine Lebensvorstellung, die Arbeit inbegriffen, zu kreieren, deren Umsetzung Sinn und Befriedigung vermittelt. Das ist das eine. Das andere kann sein, sein Tun in allen Bereichen, ob Kür oder Pflicht, durch Zuwendung und Sorgfalt zu prägen. Man könnte es Achtsamkeit nennen.

Das Gegenteil einer achtsamen Haltung und einer bewussten Lebens- und Laufbahngestaltung wäre resignierte (Arbeits-)Zufriedenheit. Diese steht auch im Gegensatz zu Lebensqualität. Abhilfe ist oben mit den Aufgaben für das Individuum skizziert. Das heisst, ständige Selbstreflexion. Und das heisst, sich zu wehren, seinen Kredit, seine Möglichkeiten zu nutzen. Natürlich verfügen nicht alle Menschen über gleich lange Spiesse. Kredit ist eine Frage von Bildung, Leistung und sozialem Umgang.

Tüchtigkeit, Qualität, Kunst

Lebensqualität (auf der Basis Lebenstüchtigkeit) hat mit Lebenskunst zu tun. Diese orientiert sich nicht am Mainstream, sie ermuntert zum Querdenken. So ist ein reflektiertes Leben nicht ein angepasstes, sondern ein gestaltetes. Und ein teilnehmendes, mitwirkendes. Menschen haben zu lernen, sich als Bürger, Bürgerinnen und Arbeitnehmende andern mehr zuzumuten, ihre Meinung zu sagen, wo sinnvoll und angebracht Forderungen zu stellen, wenn nötig die Auseinandersetzung zu suchen.

Arbeitnehmende sind gleichzeitig Mütter und Väter jener Kinder, die in absehbarer Zeit mit Freude und Motivation in den Arbeitsmarkt eintreten sollen. Eltern haben es in der Hand, ihrem Nachwuchs das Gestalten von Lebensqualität vorzuleben.

Andererseits schafft Unternehmens- und Menschenführung, die Lebenstüchtigkeit fördert, für die Wirtschaft Nachhaltigkeit der viel bemühten Human Resources.

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