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Lebensqualität und Lebensphasen

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Reife Lebensqualität ist machbar, Frau Nachbar!

In diesem Beitrag untersuchen wir, wie sich die Lebensqualität insgesamt und einzelne ihrer wichtigsten Aspekte im Verlaufe der verschiedenen Lebensphasen entwickeln. Dabei fliessen sowohl gemachte Erfahrungen als auch Erwartungen und Projektionen ein. 

In den traditionellen Modellen von der Entwicklung des Menschen im Verlaufe seiner Lebensphasen war es immer klar: Mit fünfzig ist der Höhepunkt erreicht, danach geht es nur noch bergab.

Hätte man damals schon den Begriff der Lebensqualität verwendet, wäre die Aussage klar gewesen: Nach fünfzig kann die Lebensqualität nur noch schlechter werden. Eine Vorstellung, die viel vom schlechten Image des älter Werdens erklärt.

Doch ist es wirklich so? Wir haben auch danach gefragt. Um die Sache nicht ausufern zu lassen, haben wir dabei fünf Lebensphasen à jeweils 15 Jahre unterschieden, nämlich:

–       20 bis 34 Jahre

–       35 bis 49 Jahre

–       50 bis 64 Jahre

–       65 bis 79 Jahre

–       80 und mehr Jahre

Unterschieden haben wir auch nach verschiedenen Aspekten von Lebensqualität, was einem vereinfachten Modell von Lebensqualitäts-Sphären entspricht. Die beiden Modelle sind nicht direkt vergleichbar, haben jedoch viele Berührungspunkte.

Entwicklung der generellen Lebensqualität

Frage: Jetzt geht es um die Entwicklung Ihrer Lebensqualität während unterschiedlichen Lebensphasen. Je nach Ihrem Alter werden Sie bestimmte Phasen aus Erfahrung beurteilen können, bei den noch folgenden sind Sie auf Ihre Einschätzung angewiesen. Auf einer Skala von 1 (tiefster denkbarer Wert) bis 10 (höchster denkbarer Wert) stufen Sie bitte jeweils ein, wie hoch Ihre generelle Lebensqualität im jeweiligen Alter war, ist, bzw. nach Ihrer Voraussicht sein wird – immer unter der Voraussetzung, dass Sie dann noch leben…

Es geht bei dieser Frage also einerseits um reale Erfahrungen, andererseits aber auch um Erwartungen und Projektionen. Letzteres beeinflusst bekanntlich unsere Wahrnehmung stark, so dass es wertvoll sein kann zu wissen, welche Erwartungen man an die Lebensqualität von noch kommenden Lebensphasen hat.

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Dieselbe Frage wurde bereits in einer Umfrage im Jahr 2007 gestellt. Der Vergleich mit den Antworten von 2010 zeigt zwar gewisse Detailunterschiede, doch das Gesamtbild bleibt sich gleich: Der Höhepunkt der generellen Lebensqualität liegt zwischen 50 und 80. Erst nach 80 geht es bergab, wenn auch immer noch über dem Niveau der Lebensphasen unter 50.

Das ist natürlich ein enormer Kontrast zur klassischen „Lebenstreppe“.  Wenn in den Jahren zwischen 50 und 80 die Lebensqualität am besten ist, wertet das diese Lebensphasen enorm auf. Und die Tatsache, dass der Lebensphase zwischen 20 und 34 die bei weitem tiefste Lebensqualität zugeschrieben wird, müsste eigentlich allen Verfechtern des Jugendlichkeitswahns zu denken geben…

Wie viel von diesen Einschätzungen beruht auf realer Erfahrung, und wie viel auf Projektion? Das können wir herausfinden, indem wir die Antworten (von 2010) nach Altersgruppen differenzieren, wobei uns nur drei Gruppen (unter 50, 50 bis 64, 65plus) zur Verfügung stehen, weil die Randgruppen (unter 35 und 80plus) zu klein für eine ernsthafte statistische Analyse sind:

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Es zeigt sich, dass die Einschätzungen der drei Altersgruppen sich nur wenig unterscheiden. Nur die unter 50-Jährigen schätzen für die ersten drei Lebensphasen die Lebensqualität deutlich rosiger ein als der Rest, das heisst, sie sind bezüglich der schon erlebten Lebensphasen und der direkt folgenden optimistischer als die älteren Befragten. Das mag daran liegen, dass die Lebensqualität der älteren Semester in ihren jüngeren Jahren tatsächlich schlechter war.

Für die Lebensphasen ab 65 sind sich alle einig: Die Lebensqualität bleibt hoch.


 

Entwicklung der körperlichen Gesundheit

Gesundheit ist eine zentrale Lebensqualitäts-Sphäre. Verstehen wir darunter nur körperliche Gesundheit, sind die Aussichten eher düster. Im Gegensatz zur Entwicklung der generellen Lebensqualität verläuft die Entwicklung hier nicht bogenförmig, sondern linear, und zwar von oben links nach unten rechts. Das heisst, die körperliche Gesundheit wird bei der jüngsten Altersgruppe (20 bis 34) am besten eingeschätzt und wird dann nur noch schlechter.

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An dieser klaren Einschätzung hat sich in den letzten drei Jahren wenig geändert, wenngleich die Kurve 2010 weniger steil verläuft als 2007, man also den Abbau der körperlichen Gesundheit weniger dramatisch sieht als damals.

Differenzieren wir wieder nach Altersgruppen, so fällt auf, dass die älteste (65plus) in allen Lebensphasen die körperliche Gesundheit besser einschätzt als die jüngste, vor allem aber als die mittlere Gruppe zwischen 50 und 64. Entweder waren diese älteren Semester früher tatsächlich gesünder, oder aber sie haben weniger hohe Erwartungen an ihre Gesundheit und sind daher eher zufrieden damit. Auch hier sind noch längst nicht alle Fragen geklärt.

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Entwicklung des geistig-seelischen Wohlbefindens

Im krassen Gegensatz zur Entwicklungskurve der körperlichen Gesundheit verläuft jene des geistig-seelischen Wohlbefindens. Hier starten wir in der ersten erwachsenen Lebensphase auf ziemlich tiefem Niveau, worauf dann jenseits der fünfzig eine Steigerung um satte zwei Punkte auf der Zehnerskala stattfindet. Das geistig-seelische Wohlbefinden hat seinen Höhepunkt also ab fünfzig und bleibt auf diesem hohen Stand bis ins hohe Alter.

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Interessant ist auch hier die Differenzierung nach der Altersgruppe der Befragten. Für die Lebensphasen bis 50 gilt: Wenn man noch darin steckt, bewertet man das eigene geistig-seelische Wohlbefinden deutlich besser als unmittelbar danach (wenn man also selber zwischen 50 und 64 ist). Im noch höheren Alter wird dann dieser Rückblick auf die Jahre bevor 50 wieder etwas milder. Dafür sind die über 65-Jährigen etwas skeptischer, wenn es um das geistig-seelische Wohlbefinden in der letzten Lebensphase geht.

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Insgesamt bestätigt sich jedoch, dass ein starkes geistig-seelisches Wohlbefinden in den Augen der Befragungsteilnehmer zu den klaren Pluspunkten der Lebensphasen nach fünfzig gehört.


 

Entwicklung der eigenen Selbstverwirklichung

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Auch ein hoher Grad an persönlicher Selbstverwirklichung ist keineswegs ein Privileg der Jugend – im Gegenteil. Dieser Grad an Selbstverwirklichung steigt vielmehr kontinuierlich an und erreicht in den Jahren ab 50 seinen Höhepunkt, wobei sogar die Lebensphase zwischen 65 und 79 am besten abschneidet. Erst nach 80 sinkt auch hier die Kurve wieder leicht ab. Und da Selbstverwirklichung ein zentrales Element von Lebensqualität ist, bestätigt sich hier einmal mehr: In Sachen Lebensqualität sind die Jahre jenseits der fünfzig die besten.

Allerdings steckt in diesem Gesamtbild ein Stückchen Projektion der Jüngeren, deren Optimismus bezüglich der Selbstverwirklichung in den Lebensphasen ab 50 von den direkt Betroffenen nicht ganz geteilt wird: Wenn man jünger ist, erwartet man vom Alter mehr Selbstverwirklichung als dann tatsächlich möglich ist.

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Diese Beobachtung macht die Gesamtergebnisse etwas weniger dramatisch, ändert aber nichts daran, dass alle Altersgruppen den Höhepunkt des Lebensqualitäts-Elements Selbstverwirklichung in den Lebensphasen zwischen 50 und 79 sehen.


 

Entwicklung der sozialen Kompetenzen

Ein genau so wichtiges Element von Lebensqualität wie persönliche Selbstverwirklichung ist die Qualität des menschlichen Umfelds, sind also Beziehungen, und diese wiederum hängen wesentlich von den eigenen sozialen Kompetenzen ab. Wie entwickelt sich dieser Aspkt von Lebensqualität im Verlauf der verschiedenen Lebensphasen?

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Im Gleichschritt mit der Entwicklung der generellen Lebensqualität: Er erreicht seinen Höhepunkt in den Phasen zwischen 50 und 79 und sinkt auch jenseits der 80 nur leicht ab. Die reiferen Jahre sind also auch deshalb attraktiv, weil die Qualität des Beziehungsnetzes dann ihren Höhepunkt erreicht. Was nicht zuletzt daran liegt, dass man die eigenen sozialen Kompetenzen durch stetiges Erfahrungslernen immer noch verbessern kann.

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Auch bei diesem Bild ist ein kleines Stückchen Wunschdenken dabei, das heisst, man erwartet von den kommenden Lebensphasen meistens ein bisschen mehr als diese dann wirklich bieten können. Doch auch das sind kleine Differenzierungen im Nahbereich, die am Gesamtbild nichts verändern.


 

Entwicklung der Fähigkeiten zu Masshalten und Balance

Die Fähigkeit, Mass zu halten und eine gesunde Balance zwischen den verschiedenen Lebensbereichen und Ansprüchen herzustellen, wird ganz offensichtlich als Frucht eines Reifungsprozesses betrachtet, ja als Ausdruck von Altersweisheit. Diese Fähigkeit beginnt in jungen Jahren auf tiefem Niveau und steigert sich dann (um fast drei Skalenpunkte!) bis in die Lebensphase zwischen 65 und 79, um danach nur leicht zurückzugehen.

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Die über 65-jährigen Befragungsteilnehmer sehen dabei ihre eigenen diesbezüglichen Fähigkeiten in der ersten erwachsenen Lebensphase im Rückblick etwas milder als jene, die noch mitten drin stecken. Dafür trauen sie den Fähigkeiten zu Masshalten und Balance in der letzten Lebensphase etwas weniger als die Jüngeren. Auch hier ändern diese Detailunterschiede jedoch kaum etwas am Gesamtbild.

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Entwicklung der Fähigkeit zu Lebens-Sinn(en)

Ein weiterer wichtiger Aspekt von Lebensqualität ist die Fähigkeit, in seinem Leben so etwas wie einen Sinn – oder eben noch besser so etwas wie Sinne – zu finden. Und auch diese Fähigkeit wird offenkundig als Frucht von Reifungsprozessen in Form von Altersweisheit betrachtet: Am ausgeprägtesten ist sie in den Lebensphasen ab 50, wobei es nicht kontinuierlich aufwärts geht. Vielmehr erwartet man für die Lebensphase ab 80 einen spürbaren Rückgang der Fähigkeit zu Lebens-Sinn(en) – vielleicht, weil der nahende Tod die Sinnfrage dann stärker strapaziert als in jüngeren Jahren.

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Und auch hier gilt: Jüngere Befragte (unter 50) sehen die Entwicklung der Fähigkeit zu Lebens-Sinn(en) in ihren Projektionen etwas optimistischer als die älteren, deren Einschätzung auf eigener Erfahrung beruht. Man erwartet von den folgenden Lebensphasen also immer etwas mehr Sinn-Befähigung als man dann tatsächlich bekommt. Was aber nichts daran ändert, dass die Sinn-Fähigkeit als wichtiges Element von Lebensqualität mit zunehmendem Alter wächst.

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Entwicklung der Fähigkeit zu Lebensgestaltung und Lebenskunst

Wenn wir für unsere eigene Lebensqualität mehrheitlich selbst verantwortlich sind, was eine grosse Mehrheit der Befragten glaubt, dann hängt diese unsere Lebensqualität entscheidend von unseren Fähigkeiten auf den Gebieten Lebensgestaltung und Lebenskunst ab. Diese Fähigkeiten bekommen wir offenbar nicht in die Wiege gelegt, sie müssen vielmehr im Laufe des Lebens reifen.

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Diesen Schluss legen jedenfalls die Ergebnisse der Frage nach der Entwicklung dieser Fähigkeiten im Laufe der Lebensphasen nahe. Auch hier gibt es eine klare Steigerungstendenz bis zu den Lebensphasen nach 50. Ab 80 erfolgt wiederum ein deutlicher Abstieg, vermutlich aufgrund von Befürchtungen, wegen abnehmender Autonomie würden in dieser Lebensphase auch die Möglichkeiten der Lebensgestaltung eingeschränkt. Klar ist jedoch: Zwischen 50 und 80 sind die Fähigkeiten zu Lebensgestaltung und Lebenskunst am besten ausgeprägt.

Bei dieser Frage zeigt die Auswertung nach Altersgruppen ein interessantes Phänomen: Wenn man noch mitten in der Lebensphase unter 50 steckt, schätzt man die eigenen Lebenskunst-Fertigkeiten viel höher ein, als wenn man diese Phase im Rückblick betrachtet. Offenbar lernt man erst jenseits der fünfzig, dass die Spielräume und Möglichkeiten der eigenen Lebensgestaltung grösser sind als man früher dachte…

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Ansonsten bestätigt sich eine Beobachtung, die wir schon früher gemacht haben, wenn es um Aspekte dessen ging, was wir als Altersweisheit bezeichnet haben: In jüngeren Jahren ist man diesbezüglich etwas optimistischer als in älteren, das heisst, man erwartet sich von den Früchten der Reifung immer etwas mehr als man dann tatsächlich bekommt…


 

 Die Gesamtbilanz der Ergebnisse zum Thema Lebensqualität und Lebensphasen fällt eindeutig aus:

Bei sechs von sieben getesteten Einzelaspekten von Lebensqualität liegen die besten Jahre nicht etwa in den ersten erwachsenen Lebensphasen, sondern in den Lebensphasen, die mit etwa fünfzig beginnen.

Das gilt für alle zentralen Aspekte von Lebensqualität, nämlich

–       Geistig-seelisches Wohlbefinden

–       Selbstverwirklichung

–       Qualität des Beziehungsnetzes

–       Masshalten und Balance

–       Lebens-Sinn(e)

–       Lebensgestaltung und Lebenskunst

Nur für einen Aspekt gilt der übliche Kurvenverlauf (Anstieg bis 50, danach Höhepunkt bis  80, dann leichter Abfall) nicht, nämlich für den Aspekt der (körperlichen) Gesundheit. Diese Kurve beginnt auf dem Höhepunkt und fällt dann kontinuierlich ab.

Folgerichtig folgt auch die Entwicklung der generellen Lebensqualität (gleichsam als Summe der Einzelaspekte) dem bekannten Muster. Was heisst: Die beste Lebensqualität findet man in den Lebensphasen zwischen 50 und 80, und auch danach kann man noch mit einer guten Lebensqualität rechnen.

Diese grundsätzliche Einschätzung der Lebensqualitäts-Entwicklung im Verlaufe der verschiedenen Lebensphasen hängt nicht davon ab, ob man diese Phase aus eigener Erfahrung kennt, oder ob sie noch vor einem liegt, weshalb man „nur“ eine schätzungsweise Projektion machen kann. Wohl gibt es kleinere Unterschiede zwischen Erfahrenden und Projizierenden, doch für das jeweilige Gesamtbild macht das kaum etwas aus.

Dasselbe gilt auch für den Zeitvergleich: Zwischen der Ergebnissen von 2007 und jenen von 2010 gibt es kleinere Abweichungen. Doch die grundsätzliche Einschätzung hat sich in den dazwischen liegenden drei Jahren nicht verändert: Wenn es um Lebensqualität geht, kommt das Beste erst nach fünfzig. Und bleibt dann ziemlich lange.

 

Fazit: Lebensqualität kann nicht nur reifen, sie tut es auch tatsächlich. Und wird dadurch besser. Die alten Vorurteile, wonach es mit der Lebensqualität nach fünfzig nur noch bergab gehe, sind damit widerlegt. Reife Lebensqualität existiert. Und wie! 

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