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Über Reife und Reifung

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Reife ist der Kern einer neuen positiven Sicht des älter Werdens

Erlebt man das eigene älter Werden tatsächlich als Reifung? Was denkt man grundsätzlich über die Begriffe Reife und Reifung? Und welche Werte werden mit Reife assoziiert? Wenn wir die Chancen von Reifender Lebensqualität kennen lernen wollen, müssen wir uns zunächst dem ersten Teil dieses Doppelbegriffs widmen.

Die eigene Haltung zum älter Werden

Älter werden und altern hatten bisher einen ausgesprochen schlechten Ruf. Das Alter galt als Lebensphase, die von Abbau und Defiziten geprägt ist – also nichts, worauf man sich freuen konnte. Eine neue Sicht des älter Werdens als Basis einer neuen Alterskultur muss diese negative Bewertung überwinden und durch ein positiveres Verhältnis ersetzen. Die Frage stellt sich, ob dieser Prozess bereits in Gang gekommen ist.

Nun ist allerdings davon auszugehen, dass Menschen, die sich an einer Befragung über Reife Lebensqualität beteiligen, diesen Bewusstseinswandel bereits vollzogen haben, denn jemand, der das älter Werden überwiegend negativ sieht, kann schon mit dem Begriff reife Lebensqualität vermutlich wenig anfangen. Die Antworten auf die Frage nach der Haltung zum eigenen älter Werden sind deshalb kaum repräsentativ, doch auch sie bilden das Meinungsspektrum der eminent wichtigen meinungsbildenden Avantgarde der Gesellschaft ab und sind deshalb ein Hinweis darauf, wohin sich der Mainstream des öffentlichen Bewusstseins entwickeln wird.

In dieser Avantgarde ist die klassische negative Haltung zum eigenen älter Werden fast ausgestorben. Praktisch niemand mehr sagt hier Ich hasse es und tue deshalb alles, um es wenigstens zu verlangsamen. Anti-Aging im verbissenen Sinne ist hier also kein Thema mehr.

Vielmehr teilt sich die meinungsbildende Avantgarde in die zwei fast gleich grossen Lager der eindeutig positiv zum eigenen älter Werden Eingestellten und der dazu gemässigt positiv eingestellten. Diese beiden Haltungen wurden wie folgt formuliert:

–      eindeutig positiv: Ich erlebe es (das eigene älter Werden) als positiv und freue mich auf die nächsten Schritte

–      gemässigt positiv: Ich akzeptiere es als unvermeidlich und versuche, das Beste daraus zu machen

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Ein Vergleich der Befragungsergebnisse von 2010 mit solchen von 2007 zeigt, dass sich an dieser Meinungsverteilung praktisch nichts geändert hat – zu beiden Zeitpunkten sind die beiden Lager etwa gleich gross. Dasselbe gilt auch für den Vergleich der verschiedenen Altersgruppen: Signifikante Unterschiede sind nicht auszumachen, die Haltung zum eigenen älter Werden verändert sich also im Verlauf eben dieses Prozesses nicht.

Statt der eigenen Erfahrungen beeinflusst offenbar ein anderer Faktor die Haltung zum älter Werden, nämlich die grundsätzliche Haltung zum Leben, messbar daran, wie optimistisch man die eigene Zukunft sieht. Ihren Optimismus-Grad drücken die Befragten mit einer Zahl zwischen 1 und 100 (Höchstwert) aus. Vergleicht man nun die Optimismus-Durchschnittswerte der eindeutig Positiven mit  jenen der nur gemässigt Positiven, so ergibt sich tatsächlich ein ausgeprägter Unterschied: Bei den gemässigt Positiven beträgt dieser Wert 70, bei den eindeutig Positiven dagegen 82. Wer dem eigenen älter Werden gegenüber klar positiv eingestellt ist, hat also auch generell dem eigenen Leben gegenüber eine positivere, optimistischere Grundhaltung – und umgekehrt.

Das bedeutet, dass das Lager der grundsätzlich Skeptischen wohl nie davon überzeugt werden kann, das eigene älter Werden klar und eindeutig positiv zu sehen und zu werten, denn grundsätzlicher Pessimismus oder Optimismus gehören zur individuellen Grundausrüstung, die sich kaum verändern lässt. Doch auch auf der gemässigt positiven Haltung, das Unvermeidliche zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen, lässt sich eine neue Alterskultur aufbauen.

Meinungen über Reife und Reifung

Wenn die überholten Stereotype über das älter Werden aus den Köpfen der Menschen verschwinden sollen, braucht es überzeugende und attraktive Alternativen. Seit geraumer Zeit vertreten wir die Ansicht, diese Alternative bestünde in den Begriffen der Reife bzw. Reifung. Um diese These zu bestätigen, haben wir den Befragten eine Reihe von Meinungen zu Reife und Reifung vorgelegt und sie gebeten, jede dieser Meinungen danach einzustufen, wie sehr man damit einverstanden ist.

Da dieselbe Frage bereits im Jahr 2007 gestellt wurde, können wir auch hier vergleichen. Der Übersichtlichkeit halber beschränken wir uns bei diesem Vergleich auf die Meinungen mit der höchsten Zustimmungsrate. Dabei zeigt sich, dass die Unterschiede so gering ausfallen, dass sie auch zufälliger Natur sein können. Mit anderen Worten: Die Meinungen zu Reife und Reifung sind offensichtlich stabil und verändern sich – zumindest kurzfristig – kaum.

Was aber sind die zentralen Inhalte dieses Meinungsspektrums?

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Gemäss unserer Befragung erfahren diese Elemente grossmehrheitliche Zustimmung:

–     Sein eigenes Leben als Prozess der Reifung zu betrachten, bedeutet einen Zuwachs an Orientierung, Identität und Sinn. In unseren modernen Zeiten sind Orientierung, Identität und Sinn knappe und entsprechend wertvolle Ressourcen. Die Idee der Reifung kann diese Ressourcen offenbar ideal liefern. Orientierung: Ich bin unterwegs in Richtung Reife. Identität: Ich reife, also bin ich. Sinn: Reifung ist ein sinnvoller und sinnstiftender Prozess. Wir Menschen sind frei darin, wie wir unser Leben interpretieren wollen. Wenn wir das Interpretations-Muster Reifung wählen, erschliessen wir damit wertvolle Ressourcen.

–     Zunehmende Reife macht das älter Werden wertvoller. Dass das Altern auf machen Gebieten tatsächlich einen Abbau beinhaltet, lässt sich kaum übersehen. Umso wichtiger ist es, den Blick auch auf Zuwachs-Potenziale zu richten. Reifung gehört offensichtlich dazu, denn sie führt zu zunehmender Reife. Und diese macht das älter Werden tatsächlich wertvoller. Meinen jedenfalls unsere Befragten in ihrer grossen Mehrheit.

–     Älter werden wir von allein, reifer nicht. Reifung, so viel ist den meisten Befragten klar, kommt nicht von alleine. Sie fällt einem nicht wie ein Geschenk in den Schoss, sondern erfordert eigenen aktiven Einsatz. Das mag unbequem klingen, doch es macht unsere Reifung auch wertvoller, weil wir das, wofür wir uns angestrengt haben, höher schätzen als das, was uns einfach zufällt.

–     Reife ist nicht direkt mit Alter gekoppelt, aber die Erfahrungen des älter Werdens helfen bei der Reifung. Im ersten Teil wird eine Binsenwahrheit bestätigt: Reife ist keineswegs ausschliesslich eine Frage des Alters, und, wie wir bereits gesehen haben, kommt sie auch nicht automatisch mit dem älter Werden. Umgekehrt gibt es jedoch sehr wohl einen Zusammenhang, weil Reifung auf Erfahrungswissen basiert. Mit zunehmendem Alter steigt also nicht die Gewissheit der Reifung, wohl aber deren Wahrscheinlichkeit.

–     Reifung verbessert die Lebensqualität entscheidend. Hier treffen wir zum ersten Mal auf die Verbindung von Reifung und Lebensqualität. Und der Zusammenhang ist offenkundig gegeben: Lebensqualität wird durch Reifung besser. Wir alle möchten eine bessere Lebensqualität. Reifung ist offenbar ein Schlüssel dazu.

–     Reife ist der Kern einer neuen, positiveren Sicht des älter Werdens. Die Befragten bestätigen hier unsere These: Die Idee von Reifung und Reife ist tatsächlich als Alternative zu den negativen Altersbildern geeignet.

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–     Reife ist das lohnendste Ziel von Lebensgestaltung und Lebenskunst. Wir alle sind im Zuge der Individualisierung immer mehr zu freien und eigenverantwortlichen Gestaltern unseres Lebens geworden, und dazu ist die Fähigkeit zur Lebenskunst (die eigentlich weniger eine Kunst als vielmehr ein Kunsthandwerk ist) unentbehrlich. Lebensgestaltung und Lebenskunst aber brauchen Orientierung, brauchen eine Richtung, ein Ziel. Und genau dafür eignet sich der Wert Reife offensichtlich bestens.

–     Die Vorteile der Reifung können die Nachteile des älter Werdens mehr als aufwiegen. Die Zustimmung zu dieser Meinung ist zwar schon etwas tiefer, doch immer noch deutlich. Bestätigt wird einmal mehr, wie attraktiv die Idee der Reifung ist: Sie kann zu einer positiven Gesamtbilanz des älter Werdens führen. Was wiederum dazu führt, dass wir uns insgesamt auf das älter Werden freuen können.

Mit den Meinungen, Reife sei nichts anderes als ein Marketing-Trick, mit dem man das lästige Alter schmackhaft machen wolle, oder Reife erinnere fatal an Überreife“ und damit an Verfall und Tod, ist jeweils eine grosse Mehrheit nicht einverstanden. Was das insgesamt sehr positive Bild von der Begriffen Reife und Reifung noch einmal eindrücklich abrundet.

Sind die Meinungen zu Reife und Reifung altersabhängig? Die Auswertung der Antworten nach Altersgruppen zeigt: Nur schwach, und ohne klare und einheitliche Tendenz. Zwar gibt es kleine Unterschiede, doch diese können auch zufällig sein und widersprechen nicht dem Gesamtbild: Reife und Reifung sind in allen Altersgruppen tatsächlich eine überzeugende und attraktive Alternative zu den überholten negativen Bildern und Vorstellungen vom älter Werden.

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Was sind reife Werte?

Reife ist ein Wert, der verschiedene einzelne Werte gleichsam bündelt. Welches aber sind die Werte, die zusammen den übergeordneten Wert Reife bilden? Wir haben so gefragt:

Wenn Sie ein Set von „reifen Werten“ zusammenstellen müssten: Welche würden unbedingt dazu gehören? (Vorlage einer Liste)

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Zwei Werte dominieren die so entstandene Rangliste der reifen Werte ganz klar mit Nennungen von über 80 Prozent, nämlich

–      innere Ruhe und Ausgeglichenheit

–      Gelassenheit

Die Aussage ist klar: Reife ist primär eine Frage der eigenen Geistes- und Seelenverfassung. Das wird bestätigt von jenen Werten, die auf den nächsten Plätzen der Rangliste mit Nennungen zwischen rund 60 und rund 70 Prozent auftauchen:

–      Zufriedenheit

–      Authentizität

–      Lebensqualität

–      Klar zu wissen, was einem gut tut

–      Weisheit

–      Bescheidenheit, Demut

Auffällig ist hier sicher die enge Koppelung zwischen Reife und Zufriedenheit. Und insgesamt ergibt sich ein klares Bild des Sets von jenen reifen Werten, die nach Meinung einer deutlichen Mehrheit unbedingt auf die Liste gehören.

Nur beschränkt gilt dies für diese Werte, sie auf Nennungen von etwa 50 Prozent kommen:

–      Optimismus

–      Souveränität

–      Klar zu wissen, was man will

„Klugheit“ und „Abgeklärtheit“ sind Werte, die nur für klare Minderheiten reife Werte sind.

Auffällig sind hier sicher die massiv zu nennenden Unterschiede beim Vergleich mit den Antworten auf eine identische Frage aus dem Jahr 2007. Eine plausible Erklärung für diese Unterschiede haben wir leider nicht. Allerdings gibt es eine einheitliche Tendenz: Fast alle getesteten Werte bis auf die beiden ersten werden deutlich weniger oft ausgewählt, was bedeutet, dass die relative Rangfolge sich kaum verändert. Mit einer Ausnahme: Die Nennungen für den Wert „Bescheidenheit, Demut“ sind fast identisch. Die relative Bedeutung dieses Werts im Set der reifen Werte hat also zugenommen – vermutlich eine Folge davon, dass er im Gefolge der Finanzkrise ohnehin eine deutliche Aufwertung erfahren hat.

Insgesamt bleiben die Vorstellungen davon, was reife Werte sind, also im Laufe der Jahre ziemlich stabil. Wie aber steht es mit dem Wandel dieser Vorstellungen im Laufe der persönlichen Lebensentwicklung? Hat die Lebensphase, in der man gerade steckt, einen Einfluss darauf, was man sich unter reifen Werten vorstellt? Die Antwort ist ein klares Ja. Die Auswertung nach Altersgruppen zeigt teilweise sehr deutliche Unterschiede, wobei diese nicht immer dieselbe Tendenz aufweisen:

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Mit zunehmendem Alter steigt demnach die Bedeutung dieser reifen Werte:

–      innere Ruhe, Ausgeglichenheit

–      Gelassenheit

–      Zufriedenheit

–      Lebensqualität

–      Optimismus

–      Klar zu wissen, was man will

–      Klugheit

Umgekehrt sinkt mit zunehmendem Alter die Bedeutung dieser reifen Werte:

–      Authentizität

–      Klar zu wissen, was einem gut tut

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Bei den restlichen Werten gibt es keinen klaren linearen Zusammenhang mit den Altersgruppen.  Klar feststellbar ist jedoch, dass sich die Vorstellungen davon, was reife Werte seien, beim Durchgang durch die verschiedenen Lebensphasen verändern. So lange es um die generelle Haltung zu Reife und Reifung geht, unterscheiden sich die Altersgruppen kaum. Wenn es jedoch konkreter wird, müssen wir offensichtlich unbedingt zwischen den Altersgruppen differenzieren und uns bewusst werden, dass wir nicht immer vom selben reden, wenn wir über Reife sprechen.

 

Fazit: Auch persönlich wird das eigene älter Werden zunehmend akzeptiert, ja voll bejaht. Dabei spielt die Idee der Reifung eine Schlüsselrolle. Reife wird tatsächlich zum Kern einer neuen, positiven Sicht des älter Werdens. Rund um den attraktiven Schlüsselwert Reife gruppieren sich einzelne reife Werte, vor allem innere Ruhe und Ausgeglichenheit, Gelassenheit, Zufriedenheit, Authentizität, Lebensqualität, klar zu wissen, was einem gut tut, Weisheit sowie Bescheidenheit und Demut.

 

 

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