Die EuroSuisse Vision

Eine Vision mit nachhaltigem Potenzial
Bereits im Jahr 1991 schrieb Andreas Giger seine „EuroSuisse Vision“ im damaligen deutschen „Exil“. Manche der darin enthaltenen Gedanken waren zeitgebunden, viele andere dagegen sind zeitlos und wirken nachhaltig inspirierend. Der nicht bearbeitete Text ist im damals gültigen (deutschen) Deutsch geschrieben.
Titelblatt, Inhaltsverzeichnis und Vorwort finden Sie nachstehend. Den ganzen Text können Sie als PDF-Datei herunterladen.

INHALTSVERZEICHNIS:
VORWORT
TEIL EINS
In einem Land vor unserer Zeit oder Alles eine Frage des Selbst-Bewußtseins
TEIL ZWEI
Von der Nation zur ImagiNation oder Was wären wir ohne die Schweiz ?
TEIL DREI
Was haben wir zu bieten ? oder Wir basteln eine Europa-Initiative
TEIL VIER
Der Zukunfts-Kontinent oder Gucken, was läuft
TEIL FÜNF
Sind die Schweizer gute Liebhaber ? oder Ab durch die Nabelschaumitte !
TEIL SECHS
Fix is nix oder Langsam, wir haben´s eilig
TEIL SIEBEN
Die Höhenfeuer-Vision oder Es geht aufwärts !
VORWORT
Es war einmal ein braver Schweizer, der seinem Vaterland treu gedient hatte – als Arbeitskraft und Konsument, als Ehemann und Kindermacher, als Steuerzahler und Militärpflichtersatzleistender, als Politiker und engagierter Bürger. Dann zog es ihn in die ferne Fremde, und wenn Sie nach Gründen fragen, geben Ihnen die Franzosen Antwort: Cherchez la femme ! Das heißt, die Örtlichkeiten in Bayern, die er sich zur neuen Heimstatt wählte, waren so fremd gar nicht und fern schon gar nicht, so sah es nur von der Schweiz aus aus.
Daß manches an der Schweiz aus einer veränderten Perspektive sich anders präsentierte als wenn man mitten drin im Kuchen steckte, erfuhr unser braver Schweizer alsbald. Vor allem realisierte er praktisch, was er vorher allenfalls theoretisch wußte: Die Schweiz ist entgegen anderslautenden Gerüchten nicht der Nabel der Welt. So frohgemut von Mutter Helvetia endlich abgenabelt, glaubte er allen Ernstes, er könne sich jetzt Wichtigerem zuwenden.
Doch die Schweiz ließ ihn so leicht nicht los. Er verfolgte ihr Schicksal mal von außen, mal, auf häufigen Besuchen, von innen. Und er ward nicht froh darob. Nein, es waren nicht die mit jener typisch schweizerischen Mischung aus Erschrecken und Lächerlichkeit eingefärbten, aus der Fichen-Vergangenheit auftauchenden Fossilien, die ihm ein metaphysisches Gruseln bescherten, es war die von ihm schon früh erkannte Identitäts-Krise seines Landes, die ihn immer mehr eine Perspektiven-Krise zu sein deuchte.
Und ob solcher Einsichten überfiel unseren braven Schweizer eine seit Knabentagen nicht mehr für möglich gehaltene Woge von Patriotismus. Nicht daß sie ihn etwa schnurstracks in die Schweiz zurückgetrieben hätte, aber er befand in seinem Herzen denn doch, daß das Land, das ihn mit materieller Milch und kulturellem Honig so lange genährt hatte, von ihm ein Geburtstagsgeschenk verdient hätte.
Denn Geburtstag feierte die Schweiz gerade, und unbekümmert um die Streitfrage, wie weit diese Feier historisch wirklich gerechtfertigt sei, fand unser braver Schweizer, solchen rituellen Gelegenheiten zur Besinnung nie abhold, sie böte einen ungemein sinnvollen Anlaß, sich im berechtigten, wenn auch nicht überheblichen Stolz auf das Erreichte freudig der Zukunft zuzuwenden.
Nun hätte man in einer wahren Geschichte erwarten können, daß in einem Land von der Art der Schweiz sich viele gefunden hätten, die so oder ähnlich tickten, und die frohen Herzens daran gegangen wären, jenseits von Selbstzweifeln und Masochismus ihre Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Doch da wir hier ein Märchen erzählen, war es nicht so. Ein dicker, heimtückischer Pesthauch von Schwarzmalerei hatte sich über das Ländchen und vor allem über seine Kulturschaffenden gelegt, die gebeutelt von der Last, in einem so verkorksten Land wie der Schweiz leben zu müssen, befanden, 700 Jahre seien genug, und zum hoffnungsvollen Blick in die Zukunft bestünde keinerlei Anlaß.
Nun, darob ließ sich unser braver Schweizer nicht verdrießen, denn er sah die Sache schon ein bißchen anders. Natürlich war die Schweiz alles andere als ein perfektes Paradies, aber sie hatte im Laufe der langen Jahre ihrer Geschichte doch einige ganz gute Ansätze entwickelt, die ihr Potential noch keineswegs ausgewachsen hatten. Das galt gerade auch für die Frage, die zur geistigen Lähmung der Schweiz beitrug: Was sollte dieses kleine, sich bisher in seiner splendid isolation so wohlfühlende Land für eine Rolle in einem sich rasch verändernden Europa spielen ?
Daß man in dieser Frage in der Schweiz so wenig Energie entwickelte, lag ganz offensichtlich an mangelndem Selbst-Bewußtsein. Auch wenn man noch so groß über die Vorzüge des abgeschotteten Sonderzügleins tönte, so steckte dahinter doch das, was immer hinter großen Sprüchen verborgen ist: Die Schweiz fühlte sich klein und unbedeutend, unfähig sich vorzustellen, man könne auch innerhalb eines zusammenwachsenden Europas als kleines Land seinen Beitrag zum Ganzen leisten – ohne seine Eigenart zu verlieren.
Unser braver Schweizer sah das alles und wußte, daß er daran nicht viel verändern konnte. Weil aber die Entwicklung von Visionen sein Beruf war, und weil er wußte, daß manchmal auch sanfte Anstöße etwas in Gang bringen können, gestaltete er sein Geburtstagsgeschenk an Mutter Helvetia als eine Vision von einer künftigen Schweiz in einem gewandelten Europa. Es ging ihm dabei nicht um große Utopien, sondern um den Kern dessen, was die Schweiz ausmacht. Und dies ist nicht Sprach- oder Volkszugehörigkeit, sondern ein Vorrat an ein paar gemeinsamen Ideen. Sein Buch sollte eine Einladung werden, sich die Ideen von und über die Schweiz wieder einmal anzugucken, nicht bierernst patriotisch oder kulturkritisch, sondern spielerisch und locker.
Diese Idee, die Sache in einer zukunftsorientierten Form anzugehen, gefiel einem Verlag, dem unser braver Schweizer vom Projekt erzählte, ganz gut, „…, jedoch inhaltlich stehen wir einer positiven Utopie Schweiz doch sehr fern“. Das hätte einen weniger braven Schweizer vielleicht davon abgehalten, die Idee weiter zu verfolgen, doch unser braver Schweizer ließ sich nicht entmutigen. Wenn ich schon positive Ansätze sehe, für die andere blind sind, so sagte er zu sich selbst, dann sollte ich davon erzählen. Vielleicht können ja wenigstens ein paar Schweizerinnen und Schweizer etwas damit anfangen, Menschen, die lieber danach Ausschau halten, was die Zukunft auch an Erfreulichem zu bieten hat, als resignierend die Flinte ins Korn zu werfen.
Und weil der brave Schweizer auch wußte, daß seine Landsleute ebenso gerne wie alle anderen Europäer lieber vor der Glotze sitzen als ein Buch zu lesen, beschloß er, ihnen entgegenzukommen und sein Buch als eine Art Drehbuchskizze zu gestalten. Daraus geworden ist die Beschreibung einer (bisher fiktiven) Fernsehserie namens Die EurosSuisse Vision, bestehend aus sieben Folgen zu (jedenfalls ungefähr) 700 Zeilen – für jedes Jahrhundert eine. Sie können dieses „Drehbuch“ lesen und sich gleichzeitig vorstellen, wie es auf dem Bildschirm aussähe. Sowohl Visionen als auch Perspektiven sind Begriffe aus der Welt des Sehens. Und das sollte sein Buch auch werden: Eine Einladung an Sie, sich vielleicht im ersten Moment etwas seltsam anmutende, aber durchaus denkbare spannende und beglückende Rollen der Schweiz in Gegenwart und Zukunft einfach mal für einen Moment spielerisch anzusehen und darauf zu achten,was dann passiert.
Daß es anregende und mutmachende eigene Ideen sind, die durch die Impulse dieses Lese-Spiels ausgelöst werden, wünscht Ihnen von Herzen
Andreas Giger