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Von Thailand und anderen Abenteuern

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79.Woche

Blog spirit.th - Beitragsbild

Samstag 18. Mai 2013

Vielen Dank für all die Mails und Telefone, die uns erreicht haben und uns Ihr Beileid ausgesprochen haben. Doch nach einer ersten Zeit der Überraschung über den irgendwo doch nicht erwarteten Tod von Opa stellt sich auch langsam die Gewissheit ein, dass Opa eigentlich noch zum richtigen Zeitpunkt gehen konnte, bevor er bettlägrig oder im Spital dem letzten Tag entgegen warten hätte müssen.

Inzwischen können wir auch den Termin für die Abdankung in der Schweiz mitteilen: Sie wird am Donnerstag 11. Juli in der reformierten Kirche in Oberuzwil stattfinden. Besammlung ist am Abdankungsplatz um 14 Uhr. Anschliessend möchten wir alle, die ihn etwas näher gekannt haben, zu einem kleinen Beisammensein einladen und Euch ein paar Fotos aus seinen letzten Monaten in Thailand zeigen.

Zurück zum neuen Alltag hier: Das Haus fühlt sich immer noch leer an und wir vermissen das bis anhin alltägliche thailändische Familienleben. Opa’s Betreuungskräfte kommen zwar immer noch zwischendurch, da wir doch noch einige Arbeiten haben und uns entschieden haben, Ihnen im Schnitt noch drei Monatslöhne zukommen zu lassen, doch ist dies natürlich nur noch der Bruchteil der vorherigen 24Stunden-Präsenz. Wie im letzten Blog hingewiesen, sind wir dankbar für jeden Tipp von Personen, die sich vielleicht eine ähnlich liebevolle Pflege im letzten Lebensabschnitt hier in Thailand vorstellen könnten. Wir würden uns freuen, wenn diese Menschen eine neue Aufgabe finden würden.

Einige haben uns gefragt (inkl. wir uns selber), ob wir nun den Blog weiterführen in der nun schon bald „gewohnten“ Form. Ehrlich gesagt – wir wissen es auch selber noch nicht so genau und haben pragmatisch entschieden, dass wir weiterschreiben, solange wir auch etwas Interessantes zu berichten haben. Allerdings wiederholen sich nun auch hier die Tage und sind weniger ereignisreich oder wir haben darüber schon geschrieben. Aber wir hatten auch schon vorher öfter mal das Gefühl, dass uns der Schreibstoff irgendwann ausgehen würde und bis jetzt war das nicht der Fall.

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Der Tempel von der Seite her gesehen

Diesen Blog möchten wir nun auf jeden Fall dem Tempel Wat Khlong Khanan widmen, in dem wir drei Tage verbracht haben und etwas zum Tempelleben und all das was wir dazu erfahren haben, berichten. Um auch Menschen ohne Bezug zum Buddhismus einen Einblick zu geben, folgt auch etwas zum Wesen dieser Weltanschauung (oder Religion, wie andere sagen würden). Dabei kann ich auch noch etwas von meinen Erfahrung einbringen, denn ich weilte 1991 auch ein paar Wochen als Novize in einem Tempel in Bangkok und Ko Chang. Allerdings ist meine Wahrnehmung der Religion natürlich eine ziemlich subjektive, die dadurch verstärkt wird, dass es im Buddhismus wohl noch mehr verschiedene Ansichtsvarianten gibt als im Christentum. Die einen betrachten Buddha als Gott und die anderen sind überzeugt selber zu Buddha werden zu können.

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Eine rituelle Tafel, die an der Zeremonie immer die erste Tafel im Einsatz war

Der von uns für die Abschiedszeremonie gewählte Tempel liegt ja an unserer Strecke zur Schule und zurück und so sind wir im vergangenen Jahr jeden Montag und Dienstag einmal daran vorbei gefahren. Umrahmt von lauter Wäldern und freien Feldern liegt der Tempel von SiBoya aus gesehen auf der linken Seite und hat charmanter Weise keine Mauer um den Tempel. Die Tempelanlage besteht aus dem Haupthaus mit drei Buddha-Statuen, einem kleineren Tempel zu Ehren des Tempelgründers, einem Outdoor-Tempel und einem ganz kleinen gedeckten Tempel inmitten eines kleinen Weihers.

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Rundum eine eher dschungelhafte Landschaft

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Der Aussentempel…

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…geschmückt mit zwei hübschen Drachen

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Der kleine gedeckte Tempel im Teich…

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… und der Eingang dazu

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Im diesem kleinem Tempel …

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…erwartet einem eine bunte Welt

Dazu kommt das letzte Woche gezeigte Kremationshaus, die Abdankungs- und Versammlungshalle, in der wir uns die meiste Zeit aufhielten, einer dazu gehörenden grösseren Toilettenanlage, dem Verwaltungsgebäude und dem öffentlichen Saal (oder wie immer man dem sagt). Verteilt über das ganze Areal gibt es zudem rund 20 meist gemauerte Mönchshäuschen und ein paar Räume für Gerätschaften sowie einige nett gestaltete Aussenräume mit kleinen Stein-Tischen.

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Die Abdankungs- und Versammlungshalle von weitem

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Der öffentliche Saal…

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…mit Koch- und Essecke

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Ein Stimmungsbild…

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…zwischen hohen Bäumen…

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…weiten Wegen..

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… wohl mal Geräteschuppen…

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…Gartentischen…

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…und Mönchshäuschen

Wenn man dies nun hört, denkt man, wie auch wir dachten, dass hier sicherlich 10 oder mehr Mönche leben. Aber nein, zu unserer Überraschung leben derzeit nur gerade 2 Mönche und ein Gärtner hier in diesem Riesenareal. Das ändere sich aber nach Abschluss des Reisanbaues. Bis zur Ernte werden die jungen Leute dann nicht mehr auf dem heimischen Grundstück benötigt und treten für ein paar Monate als Novizen in den Tempel ein.

In Thailand ist das Mönchsleben etwas anders als in den christlichen Klostern. Die meisten Mönche werden nicht auf Lebenszeit zum Mönch, sondern verbringen meist in jungen Jahren ein bis zwei Jahre (oder auch weniger) im Tempel. Fast alle buddhistischen Thai’s verbringen zumindest eine kurze Zeit Ihres  Lebens im Tempel.

Dies ist gesellschaftlich sehr respektiert und die Mönche werden verehrt und fühlen sich gut, einen Beitrag leisten zu dürfen. Die jungen Männer lernen die ethischen Regeln der Gemeinschaft, arbeiten im Tempel mit bescheidener Infrastruktur und reifen so zu wertvollen Mitgliedern der Gesellschaft. Sie werden unterrichtet im achtsamen Leben und der Fürsorge für das Leben und die Natur und sie lernen auch, sich einer strikten Ordnung zu untergeben.

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Eintreffen der Mönche bei Zeremonien-Beginn

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Während einer der Rituale

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Das Kremationshaus im blauen Himmel

Vergleicht man diese Institution mit unseren Erfahrungen im Militärdienst, die wir in etwa in der gleichen Zeit machen, so gibt es zwar ein paar wenige Gemeinsamkeiten, aber irgendwo ist auch ersichtlich, dass sich die jungen Männer hier natürlich so ziemlich anders entwickeln. Dies vielleicht ein Grund wieso die Thai’s so lebensfroh und meist am Lächeln sind.

Mönche verkörpern die religiöse Gemeinschaft und vermitteln die Lehre. Dadurch nehmen sie als Anführer der buddhistischen Religion eine zentrale Rolle ein, sind aber nicht Priester. Sie erfüllen auch soziale Pflichten, indem sie Menschen zur Meditation anleiten und in Buddhismus unterweisen. Für diese soziale Arbeit nehmen sie Gaben entgegen.

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Eine der oft dargestellten Haltung von Buddha

Das Ziel des Theravada-Buddhismus, eine der Hauptrichtungen des Buddhismus, könnte etwa so interpretiert werden: Überwindung des Leidens durch Aufhebung der Leidensursachen wie z.B. Gier, Hass und Wahn mittels Tugend, Meditation und Erkenntnis. Damit kann man das Nirwana (Nibbana) erlangen und den Kreislauf der Reinkarnationen (Wiedergeburt) verlassen.

Nirwana bedeutet das Erkennen der Vergänglichkeit aller Dinge und Zustände und die Überwindung des „Anhaftens“ an die Welt. Ein erstrebenswerter Zustand, den die Mönche mit der im letzten Blog gezeigten rituellen Tafel „Gehe und komme nicht zurück“ in der Abschiedszeremonie meinten.

Der Gründer dieser in Asien weit verbreiteten „Religion“ hieß Siddharta Gautama. Er war der Sohn eines indischen „Königs“ und wurde etwa 560 v.Chr. (Datum umstritten) nördlich von Benares in Indien geboren. Er starb 480 v.Chr. Daher schreiben wir heute auch in Thailand das Jahr 2556.

Dieser Siddharta wurde der Legende nach als Kind von allem Luxus umgeben und von allem Leid ferngehalten. Doch auf Kutschenfahrten sah er das Elend der Welt und beschloss, dieses zu ergründen. Nach einer langen Suche und extremer Askese gelangte er dann durch das Finden des sogenannten „mittleren Weges“ zur „Erleuchtung“ und wurde damit zu Buddha. Damit wurde er zum spirituellen Lehrer und Leiter eines Mönchsordens, den er bis zum Schluss seines Lebens blieb.

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Moderne Technik kommt zum Einsatz – passt eigentlich wenig zum sonst stillen und nicht missionarischen Buddhismus

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Der Tiger im Tempel – ein hier oft präsentes Symbol

Buddha als Bezeichnung meint an und für sich weder Siddharta noch ein Gott, sondern das Wesen nach Erreichung der Erleuchtung. Trotzdem verehren viele Thais Buddha als Siddharta auch gottähnlich. Prinzipiell kann aber jeder zu Buddha werden und ins Nirwana gelangen. Die meisten gehen davon aus, dass das Erlangen des Nirwana aber nur als Mönch möglich sei, andere wiederum sehen auch andere Wege.

Mönche stehen hier in Thailand über allem anderen, selbst der König ist einem Mönch theoretisch untergeordnet. Aber auch der König selber war mal eine Zeit lang Mönch und so sieht man an vielen Orten Bilder vom König in seiner Mönchszeit.

Die Mönche werden mit dem höchsten „Wai“ (Grussform der zueinander gehaltenen Handflächen) gegrüsst, die Hände dabei über der Stirn gefaltet. Besteigt ein Mönch einen Bus, so wird ihm unmittelbar ein Platz in der ersten Reihe freigegeben und es herrscht der Glaube, dass ein Unfall mit einem Mönch im Bus nicht möglich ist. Mönche haben überall reservierte Plätze und reisen hier in Thailand kostenlos.

Mönche sind auch zuständig für das Ermitteln des richtigen Zeitpunktes für wichtige Rituale wie Hochzeiten und Beerdigung, aber auch das Segnen von Haus, Auto’s, Motorrädern und noch vieles mehr. Dabei kommt einem manchmal schon fast etwas das Schmunzeln, was hier so alles Alltägliches gesegnet wird. Der Tambun (Almosen an den Tempel) fliesst auf jeden Fall reichlich.

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In den Pagoden befinden sich Familienurnengräber

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Ein kleiner Drachen vor dem Weiher-Tempel

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Eine Reihe von Familien-Pagoden, allerdings nicht mehr so ganz im Schuss befindlich

Für einen Mönch gibt es viele Regeln (227 an der Zahl) zu lernen, ein Teil seines Tages besteht aus dem Studium dieser Regeln, ein anderer Teil aus dem Meditieren, aber auch die Pflege des Tempels, das Gärtnern und Anbauen und handwerkliche Arbeiten gehören dazu. Sie haben sich auch an ein strenges Zölibat zu halten und dürfen Frauen nicht mal berühren. Zudem sind sie verpflichtet,  absolut bescheiden zu leben und immer die Wahrheit zu sagen.

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Das Mönchshäuschen, indem wir übernachtet hatten, von aussen…

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…und innen

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Während unseres Aufenthaltes war es etwas bunter…

Auch die Buddhisten-Mönche kennen so etwas wie die 10 Gebote, die zehn wichtigsten Mönchsregeln:

1. Kein lebendes Wesen töten
2. Nicht stehlen
3. Kein Sex
4. Nicht lügen
5. Keine berauschenden Getränke trinken
6. Nach dem Mittag nichts mehr essen
7. Sich fernhalten von Tanz, Gesang, Musik und Schaustellungen
8. Vermeidung von Blumenschmuck
9. Vermeidung von hohen, üppigen Betten
10. Kein Gold und Silber annehmen

Jeden Morgen stehen sie vor Sonnenuntergang auf und haben Ihre erste Mediation und Liturgie noch vor Sonnenaufgang. Diese Liturgie wurde im Falle unseres Tempels sogar auf Lautsprecher übertragen. Nachher gehen die Mönche auf die Almosenrunde. Dabei machen sie eine Runde zu Fuss in Ihrem direkten Umfeld ausgerüstet mit Essensschalen. Sie dürfen dabei niemanden anbetteln, sondern nur Ihnen gereichte Sachen entgegennehmen.

Die Gaben-Geber wiederum können dadurch negatives Karma abbauen (könnet man vielleicht salopp als Abbau vom Sündenregister übersetzen). Dies kommt Ihnen bei der Wiedergeburt im nächsten Leben zugute, da sie dann eine bessere Ausgangsposition haben und nicht mehr so viel Karma abtragen müssen.

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Dach am hinteren Ende des Haupttempels

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Verwaltungshäuschen (sah innen schon fast eher wie ein modernes westliches Office aus…)

Nun nach diesem Exkurs zu den Mönchen und zum Buddhismus wieder zurück zum Tempel Khlong Khanan. Dieser Tempel sei ein ziemlich alter Tempel, der noch vor wenigen Jahrzehnten weitab der Zivilisation in einer Gegend lag, die vor allem durch Moslems belebt wurde. Das anliegende Dorf Ban Khlong Khanan ist ein Ort mit etwa 30 Häusern entlang der Strasse, einer Schule und einer ambulanten Station. Wir haben wohl fast die gesamte Dorfbevölkerung während dieser Tage kennengelernt.

Der Tempel ist nicht arm, er wird von verschiedenen Kreisen gut unterstützt. Trotzdem ist natürlich immer einiges Geld zum Unterhalt aller Anlagen notwendig. So wird, seit wir hier in der Gegend leben, andauernd am Tempel des Ordensgründers gewerkelt.

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Alles im Fluss – hier der Tempel zu Ehren des Gründers im ewigen Bau

Dazu haben wir nun natürlich indirekt auch etwas beigetragen. Einerseits durch einen Tambun an den Tempel, den wir erbrachten, andererseits durch all den Tambun, der an den verschiedenen Zeremonien von den BesucherInnen überbracht wurde.

Profitiert haben aber auch die umliegenden Tempel, denn für jede Zeremonie waren vier Mönche notwendig. Das komme aus der Zeit als man noch die Toten mit den Bahren getragen hatte und je einer für eine Ecke zuständig war. Zudem haben auch alle Häuser 4 Grundpfeiler, wurde uns erklärt. So kamen jeweils 2 Mönche aus anderen Tempeln dazu zu den 4 Ritualen, die wir abhielten, beim letzten waren dann sogar noch ein weiterer Mönch und ein Novize dabei.

Zum Schluss aber auch noch eine weltliche Anmerkung: Wir hatten Euch ja geschrieben, dass eine solche Abschiedsfeier, wie wir sie erlebt hatten, auch bis zu gar 14 Tagen dauern könne. Dies aber nicht nur aus dem Grund, weil die Verwandtschaft aus ganz Thailand anreist. Da die Polizei bei den Glücksspielen an diesen Feiern nie bei den verbotenen Spielen eingreift, sei es auch schon vorgekommen, dass eine Feier um 4 Tage verlängert wurde, um längeres Spielen zu ermöglichen. Wir hörten von einem Beispiel an dem jeden Tag 1 Million Baht verspielt wurden (rund 30‘000 CHF).

Irgendwie alles in allem können wir nur schmunzelnd sagen: Amazing Thailand! Auf der einen Seite so spirituell und im gleichen Atemzug auch wieder so weltlich. Und genau das macht dieses Land so charmant.

 

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