Avanti Dilettanti!

Lebensqualität ist eine Liebhaberei – und das ist gut so!
Zweifeln Sie auch manchmal daran, ob es gut sei, dass unsere Welt immer mehr zu einer solchen von Spezialisten und Experten wird? Dann wird es höchste Zeit zur Ehrenrettung der Amateure und Dilettanten. Besonders wenn es um Ihre Lebensqualität geht, denn die kann nur als Liebhaberei im besten Sinne betrieben werden…
Bald wird es keine persönlichen Bewerbungsgespräche mehr brauchen. Weil es bei der Auswahl von Kandidaten für einen Job ohnehin nur noch darum geht, wer ein detailliertes Anforderungsprofil am besten erfüllt, kann diese Aufgabe besser von einem ausgeklügelten Computerprogramm übernommen werden, das exakt feststellt, wie viel Punkte der Kandidat an welcher Uni gemacht hat, welche Pratika und Diplome er aufzuweisen hat, und wie er seine Freizeit gestaltet. Dann braucht es nur noch ein paar Algorithmen zur Gewichtung der einzelnen Faktoren, und schon spukt der Computer aus, wer am besten passt.
Das ist zugegebenermassen eine überspitzte Vision, doch sehr weit sind wir von ihr nicht entfernt, und das ist umso bedauerlicher, als es sich dabei um eine echte Horrorvision handelt. Oder möchten Sie eine Welt, in der nur noch die etwas zu sagen haben, die sich stromlinienförmig, das heisst ohne Ecken und Kanten, durch die engen Schleusen formalisierter Ausbildungsgänge geschlängelt haben?
Das sehen die Verfechter dieser Vorstellung von Professionalität natürlich ganz anders. Für sie sind detaillierte und formalisierte Anforderungsprofile das Mittel der Wahl, um das Qualifikationsniveau hoch zu halten. Und vor allem, um Amateure und Dilettanten fern zu halten. Denn dass die auch etwas zu sagen hätten, wäre ja nun wirklich das Letzte.
Auch Sie zucken vermutlich zusammen, wenn Sie als Profi die Begriffe Amateure und Dilettanten hören. Die Diffamierung dieser Begriffe war also höchst erfolgreich. Und ist völlig unverdient. Denn ursprünglich war etwas ganz anderes gemeint. Dilettant kommt von dilettare, und das heisst sich erfreuen. Und Amateur kommt von amare, und das heisst nichts anderes als lieben. Wer sich als Amateur und Dilettant mit etwas beschäftigt, tut dies also, weil er sich daran erfreut, weil er es gerne macht. Und was gäbe es für eine bessere Grundlage jeglichen Tuns, als dieses Tun gern zu haben, sich an ihm zu erfreuen, es lieb zu haben?
Eine Liebhaberei ist so gesehen alles andere als eine niedliche, aber unbedeutende Freizeitbeschäftigung. Eine Liebhaberei ist vielmehr eine Tätigkeit oder ein Interessenfeld, die wir lieb haben. Nicht wegen äusserer Zwänge oder Belohnungen, sondern um ihrer selbst willen, und weil sie unseren inneren Antrieben entsprechen. Aus dieser Verwurzelung im eigenen Inneren wachsen deshalb auf allen Gebieten oft die wertvollsten Früchte.
Sich um seine eigene Lebensqualität zu kümmern, kann nur eine solche Liebhaberei sein, genährt aus echtem Interesse, ja aus Liebe zu sich selbst. Und zum Glück gibt es dafür keine formalisierte Ausbildung und entsprechend auch keine Profis und Experten, die ihnen sagen wollen, was das Beste für Sie sei. Die einzige Expertin, der einzige Experte für Ihre Lebensqualität sind Sie selbst. Und am besten kümmern Sie sich darum im Sinn und Geiste von Amateuren und Dilettanten im ursprünglichen Sinn…
In diesem Sinne: Avanti Dilettanti!